B u c h - R e z e n s i o n z u:
Zwischen Neoliberalismus und völkischem Antikapitalismus
Sozial- und wirtschaftspolitische Konzepte und Debatten innerhalb der AfD und der Neuen Rechten
Sämtliche von den Rechten besetzte Politikfelder wie Wirtschaft, Soziales bis hin zu Familienpolitischem, wie es dort zuzugehen habe, sind Ausmalungen entlang eines nationalen Wahns angegriffener Staats- oder Volkssouveränität, in welcher Verwandlung die globale Verflechtung der Nationalwirtschaften mit ihren supranationalen Regeln und Institutionen (erst recht in einen geldwirtschaftlich und bezogen auf andere Parameter des Wirtschaftsverkehrs vereinten Raum wie der EU) daherkommt, wenn schon über eine Dekade und länger die internationalisierte Bewirtschaftung in Geld nur noch als Schadensabwälzung gegen die Konkurrenten angesichts weltweit eingebrochener Kapitalakkumulation stattfindet.
Wirtschaft: gegen sich am
Staats- und Volkswohl vergehende Kapitalfraktionen die nationale
Oberhoheit sichern.
Soziales: weg mit überbordendem
„Wohlfahrtsstaat“ als Zeichen der „Ausbeutung“ des Volksvermögens, das für nichts als die Stählung des Konkurrenzkampfes der ‚Marktteilnehmer’ im Innern, dem nationalen
Behauptungskampf nach außen
in
Beschlag zu nehmen ist.
Rettung der Volksouveränität noch pathetischer: deutscher
Identität - wo sie im Angesicht des sich
hier einfindenden imperialistisch induzierten Elends in Gestalt
von Migranten zur Höchstform auflaufen, bei denen
eine regelrechte Untergrabung des Urdeutschen wittern und bekämpfen mittels des Programms des
staatsmächtigen Rauswurfs, Fernhaltung
der auswärtigen Elendsfiguren.
Die eher
politologische Begutachtung daraufhin, wie neoliberaler
Marktradikalismus und das Völkische oder
gar ein nationalistischer Antikapitalismus die Rechten trage und
ob und wie beides unter den rechtsextremen Hut passe, enthält
Mängel, wie
folgt charakterisiert:
Wie die
Rechten die diversen Politikfelder besetzen, so handelt es sich
um eine etwas andere Variante der Verwaltung des gleichen
herrschenden Kapitalismus, wie er z.Zt. unter herkömmlicher
demokratischer
Regentschaft steht. Letztere wird deshalb nicht ertragbarer v.a.
für
bürgerliche
Untertanen abhängigen
Daseins darüber, dass Rechte radikalisierte
und fanatische Anhänger unumschränkter Geltung staatlichen
Gewaltmonopols sind. Oder geben gewöhnliche, etablierte Politiker
letzteres nicht ebenso als ihre Sache zu erkennen, wenn sie auf
„wehrhafte Demokratie“ plädieren? Der Wahrung der
Unbedingtheit von Sicherheit nach innen und außen, also die zuverlässige Wappnung gegen
staatlicherseits unerlaubte Angriffe auf Sachen und Personen,
also den Ressourcen zum Nutzen von kapitalistischer Wirtschafts-
und Staatmächtigkeit sowie die Klarstellung
der Legitimität
zu Gewaltausübung
einzig
auf Seiten des bürgerlichen
Gewaltmonopols
- und erst recht gegen bewaffnete Übergriffe
von
außen
gegen
Land und Leute, wo die Staatssouveränität schlechthin tangiert gesehen
wird, ist ein eigenes Ministerium des Inneren und der
Verteidigung gewidmet. Da lassen mithin eingesessene Demokraten
mitnichten von Rechten sich das Wasser abgraben. Und dennoch
wird seitens Autor Kellershohn (S. 91f.) der Eindruck erweckt,
darüber,
dass
die AfD den staatlichen Aufpasserbedarf, die Wehrhaftigkeit nach
innen bzgl. der möglichst
restlosen
Unterordnung/Unterwerfung unter die Regeln der kapitalistischen
Ausbeutungsordnung einschl. der Zulassungsbedingungen dafür (s. Ausländerzuzug oder “Ausländer-Kriminalität“!) und die nach außen hin einiges schärfer und scharfmacherisch angeht,
als hebe sich das von überkommener
demokratischer
Handhabe irgendwie ab, wo nicht zu übergehende
Gemeinsamkeiten
in den Fundamentals nationaler Souveränitätsbelange auf
Seiten Rechter und bürgerlichem
„Establishment“ zu konstatieren sind.
Was einen
anderen zentralen Baustein der Fokussierung auf die Rechten
angeht, was als Neoliberalismus gefasst wird, so kann
man auch diesbezüglich keine wesentlichen
Unterschiede hinsichtlich der marktwirtschaftlichen Verkehrsform
und der kapitalistischen Insassen erkennen: oder haben Rechte
etwa das Eintreten für deutsche „Wirtschaftskraft“ (Kellershohn, S. 94) oder
(internationale) „Wettbewerbsfähigkeit“ (ders., S 92) exklusiv für sich gepachtet? Es sind die
Essentials von kapitalistischer Standortpolitik jedweder
Couleur! Auf S. 93, Fußnote 11 werden als „grundlegende Elemente“ der Wirtschaftsordnung „Eigenverantwortung“ und „Garantie des Privateigentums“ nach Wahlprogramm der AfD
zitiert, welches von jedem Demokratievertreter in Amt und Würden
ohne
Wenn und Aber vertreten wird. Welche Sorte Lebens- und Überlebenskampf der Masse der
Minderbemittelten härtesten Kalibers damit
aufoktroyiert wird, wiewohl der Begriff Neoliberalismus nach
Duktus der Autoren wer weiß wie negative Konnotierung
aufweise, und zwar nicht erst mit der rechtslastigen
Absolutsetzung desselben, sondern mitten im gestandenen
bundesdeutschen demokratischen Kapitalismus, wird so nicht
aufgegriffen:
Freiheit des Kapitals schließt
die „Befreiung“ von allen Produktions- und
Lebensmitteln ein, ist die Verpflichtung von lohnabhängig Gemachten, sich
ausbeuterisch ersterem anzudienen. Und der hiesige demokratische
Verwalter des bürgerlichen
Geldbereicherungsregime hat wegen des alles bestimmenden
Prinzips der Kapitalvermehrung mit der sukzessiven Entschränkung der
Kapitalbefugnisse in Sachen Anwendung lohnabhängiger Arbeitskraft den Weg
bereitet zu einigen Elendskarrieren von Lohnarbeitern als
normale Weise des Existenzerwerb, wie ihn 'böse'
Neoliberale
nicht erst erfinden oder Bahn brechen müssten – und wo die Herrschenden unserer
sauberen Demokratie unter dem Titel „Digitalisierung“ noch einige Weiterungen „prophezeien“ (wo jede
Kalkulation mit einem Verdienst zunichte gemacht wird, wenn von
Fall zu Fall regelrecht darum gewetteifert wird, ob man einen
(Anschluss-)Auftrag ergattert; und ob und wie dieser entgeltet
wird, sich erst im Nachhinein im Vergleich zu anderen
herausstellt, wenn die auftraggebende Plattform den zu ihrer
Zufriedenheit ausgeführt sieht; wo der Unterschied von
Arbeits- und Lebenszeit schwindet, also 24-Std.-Verfügung angesagt ist; neue Massen
von ‚Scheinselbständigen’ ohne Sozialabgaben und ohnehin kärglich
entlohnt dem Sozialstaat Kopfzerbrechen dahingehend bereiten,
dass die mit Sozialhilfe aufgestockt werden müssten,
was
tunlichst zu vermeiden ist, weil Existieren von Lohnarbeit ist
erstes Gebot, weshalb Vorsorge getroffen werden müsse, trotz der elenden Verdienste
davon zu leben sein sollte, statt dass arme Leute von Amts wegen
durchgefüttert
werden
- auch eine Belehrung, dass im Letzteren das Soziale des Staats
sich nicht erfüllt).
Wenn die
Fundamentalisten unter den (Neo-)Liberalen in jedem hoheitlichen
Eingriff in die Konkurrenzwirtschaft einen Anschlag auf die
Freiheit der Wirtschaftskapitäne wittern, berufen sie sich zwar
darauf, dass der bürgerliche Wächter über die gleichnamige Produktions-
und Wirtschaftweise die Freisetzung des privateigentümerlichen Egoismus als
entscheidende gesellschaftliche Räson
ins
Recht gesetzt hat, „vernachlässigen“ allerdings darüber, wie der Staat als „ideeller
Gesamtkapitalist“
in der Beschränkung
kapitalistischer
Betätigungsweisen
Dienst am Insgesamt
der bürgerlichen Chose ist.
Zum Völkischen der AfD, illustriert an ihrem Konzept eines „Europas der Vaterländer“ (S. 98): hier vermisst man mit der Herauskehrung der ‚Renationalsierung der Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik’ nach Afd-Programm (S. 106) die sich eigentlich aufdrängende Distanz zur „bisherigen Gesamtarchitektur der EU“ (S. 108) – natürlich nicht nach hetzerischem Selbstverständnis der Rechten, sondern in einem korrekten argumentativen Sinn: den gestandenen Euro-Politikern ist „deutsches Interesse“ an durchschlagender gemeinsamer Wirtschaftsmacht gegen die anderen Weltzentren die Richtschnur, für welches den Offiziellen durchaus auch die Abgabe nationaler Kompentenzen an Gemeinschaftsorgane ihres Wirtschaftsblocks das Mittel der Wahl ist, während die Rechten gemäß dem oben gekennzeichneten Nationalismus mit wahnhaften Zügen in den vergemeinschafteten Politik-/Wirtschaftsbereichen gleich eine Schwächung Deutschlands erblicken und so die ökonomische Hauptnießerschaft Deutschlands in der EU und einiges an akkumulierter Bestimmungsmacht der BRD umlügen. Die 'europäische Gesamtarchitektur’ der Herrschenden wird also nicht deswegen salonfähig, dass die Rechten per Renationalisierung auf unmittelbare Unterordnung der Euro-Nationen nach deutschen Vorgaben drängen, denen auch nur partielle Dreingabe deutscher Souveränität um des deutsch dominierten anvisierten Weltmachtprojekts EU willen ein Gräuel ist.
Eine
verkehrte Herangehensweise kann man zudem darin erblicken, wenn
anlässlich des Vortragens von nichts als rechten
Rechtfertigungsideologien die Autoren meinen, daran eine
wissenschaftsinspirierte Auseinandersetzung über den Begriff von
kapitalistischer Ökonomie oder bürgerlichem Staat dranzusetzen:
denn auch im Verhältnis des Staates zu seinem Inventar erblicken
die Rechten lauter Versuche auch durch Kapitalfraktionen, die
Staatsmacht zu untergraben. Da geht es völlig fehl, den Rechten
erklären zu wollen, wie eine korrekte Staatstheorie ginge (mal
dahingestellt, ob die der Autoren Bestand hat), dass entgegen
dieser die bürgerliche Hoheit nicht einfach am Gängelband von
Kapitalagenten hinge (siehe Genaueres S. 128ff. v. Autor
Kellershohn). Mit der Agenten-“Theorie“ knüpfen Rechte ausgehend
von ihrem Vorurteil der gefährdeten Souveränität daran an, dass
der Nutzen des global agierenden Kapitals nicht mit dem der
Staaten zusammenfällt, namentlich die Finanzkrise seit 2008
einiges Ruinöses in den Nationalwirtschaften hinterlassen hat –
und schon wieder überzeichnen das Rechte dahingehend, da werde
Raubbau am souveränen Schalten und Walten der höchsten Gewalten
betrieben, umgekehrt alles eine Frage der Wiederherstellung
unbedingter staatlicher Willensdurchsetzung sei.
Zur politischen Einordnung des Phänomens der Neuen Rechten
einschl. AfD folge dem Link (PDF-Dokument):