B u c h - R e z e n s i o n z u:
Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen
Westend Verlag, 2019
„Deutschland ist reich, aber die gängigen Erklärungen sind falsch. So soll Ludwig Erhard der "Vater" des Wirtschaftswunders gewesen sein - in Wahrheit war er ein unfähiger Ökonom, ein Profiteur im Dritten Reich und ein Lügner. Die Bundesbank war angeblich die unbestechliche "Hüterin der D-Mark" - tatsächlich hat sie Millionen in die Arbeitslosigkeit geschickt und die deutsche Einheit fast ruiniert. "Soziale Marktwirtschaft" klingt nach sozialem Ausgleich, doch begünstigt werden die Reichen. ... werden echte Erfolge nicht gesehen: Die Wiedervereinigung war angeblich wahnsinnig teuer. Tatsächlich hat sie keinen einzigen Cent gekostet. Es ist Zeit, sich von den Legenden zu verabschieden...“
Was hier als Märchen oder
Mythen über die BRD behauptet wird, folgt dem einsinnigen Prinzip,
letzterer den Spiegel vorzuhalten, dass sie gar nicht dem besseren
Bild von ihr entspreche oder dem Bild, den die Autorin gerne von
diesem Nationalwesen malen würde und dabei nicht davor
zurückscheut, gewisse Macher deutscher Nation auf den Thron zu
heben in Absetzung von anderen, eher 'unfähigen' nationalen
Vorsitzenden. Nicht eine gescheite Kritik an der wuchtigen
ökonomischen und politischen Beschaffenheit einer einst
kapitalistischen Mittelmacht und heute weltmächtiger Euro-Macht
kommt dabei heraus.
L. Ehrhardt sei ein „naiver Ökonom“ -
Adenauer der „wohl wichtigste Wirtschaftspolitiker“; „er
forcierte die europ. Integration“: ausgerechnet die
Zusammenschmiedung Europas zu einem gemeinschaftlichen
Wirtschafts- und Währungsraum zwecks Erringung
deutsch-europ. Weltwirtschaftsmacht und damit zu einem
politischen Koloss mit globalen Einmischungsinteressen
gegen konkurrierende Nationen wird hier dem ersten Kanzler als
deren Grundlegung lobenswert zugeordnet.
Dass Adenauer mit Kredithilfe der USA die Restauration des nationalen Kapitalismus vorantrieb, dafür das Arbeitsvolk als leistungsbereites, williges und billiges Ausbeutungsmaterial verheizte und damit den Grundstein für ökonomische und politische Weltmächtigkeit der BRD legte, verharmlost die Autorin vor lauter Begeisterung für diesen „fähigen“ Politiker dazu, er habe dies als „Gestaltungsaufgabe“ für die Gesellschaft praktiziert – welcher Allgemeinplatz demokratische Staatsmacher bemühen als euphemistischer Sprech für ihr Geschäft des Herrschens über Land und Leute!
Die soziale Marktwirtschaft sei nie besonders sozial gewesen, also die Kritik an ihr, dass sie gar nicht wirklich der lancierten Vorstellung oder gar der der Autorin von „sozialem Ausgleich“ entsprochen hätte. Dies ist der Fehler, nicht festhalten zu wollen, wie alle sozialen Errungenschaften ihren einzigen Zweck darin haben, dass ökonomische Fußvolk für die Geldbereicherungsmaschinerien des bundesdeutschen Kapitalismus einzuspannen – was immerzu einschließt, dass zur Beförderung des deutschen Kapitalwachstums das Soziale der Politik zu teuer kommt und es abgespeckt wurde – deswegen die Sprüche eines Kohls von wegen „Freizeitpark Deutschland“ oder die Gemeinheiten eines SPD-Schröder.
Es fragt sich eben, ob mit der schlechten Meinung über die „soziale Marktwirtschaft“, mit Flexibilisierung und Liberalisierung der Arbeitsmärkte dem Profit deutscher Wirtschaft zu dienen und darüber sogar zur Wirtschaftsmacht Nr. 1 in Europa aufgewachsen zu sein, eine Ahnung von den Prinzipien hiesiger Profitwirtschaft dieser abgelauscht wird - oder nicht eher eine schlechte Seite des Kapitalismus mit seinen neoliberalen Stilblüten beklagt werden soll. Zu letzterem passt nämlich, wie sie Kanzler (Erhardt!) und Bundesbank nicht nach ihrer objektiven Funktion für den deutschen Kapitalstandort beurteilt, sondern vom Standpunkt des ‚Gestalterischen‘ desselben diesen Herrschaften Missgriffe attestiert - also von gescheiter Kapitalismuskritik und der seiner staatlichen Hüter keine Spur.
Der
Bundesbank wird hingerieben, sie sorge gar nicht für Stabilität,
sondern habe mit ihrer Hochzinspolitik „mehrfach
Wirtschaftskrisen ausgelöst“. Solche 'Diagnose' lebt von den
wirtschaftspolitischen idealisierten Zuschreibungen von wegen
Sicherung "wirtschaftlichen Gleichgewichts" und dergl., bzw.
fällt geradeweg darauf rein: die Autorin weiß
augenscheinlich gar nicht, wie die Hüterin damals der
DM dem Schwindel kreditforcierter Kapitalakkumulation
Rechnung getragen hat, also dem Umstand, dass
flächendeckend periodisch das Kapital über seine Verhältnisse
lebt, schon längst nicht mehr die Kreditmassen rechtfertigendes
Wachstum zustande bringt – und mit „abstruser Verteuerung von
Krediten“ die Sorte Stabilität an den Tag legt, die auf das
Auffliegen bloß vorgetäuschter Ertragskraft zielt und damit
letztlich der Härte der DM ihren Dienst erweist.
Die Rolle der Nationalbank und der Bankengemeinde wird
überzeichnet: sie lösen die Krisen mit ihrer Zinspolitik mit
aus, in die sich das produzierende und handelnde Kapital längst
selbst hineingewirtschaftet hat mit seiner
großangelegten Gewinnmacherei gegen alle Schranken der Märkte,
welche Überakkumulation über den Kredit noch angeheizt wird.
Auch
in Bezug auf den Osten, der Herstellung der ökonomischen
„Tristesse“, wird einiges übertrieben, die Verwüstungen dort
sozusagen als Fortwirkung des verlorenen Kampfes Adenauers in
Sachen „demokratischer Kontrolle“ der Bundesbank, also der
Fehlanzeige bezüglich dessen, dieser Zügel bei ihrer Geld- und
Kreditpolitik anzulegen: die „Tristesse“ war erstmal das
Ergebnis davon, dass dem Ex-DDR-Gebiet mit seinem ehemaligen
Staatssozialismus ein kapitalistisches System durch die
Herrschaften in Westdeutschland verordnet wurde mit der Folge,
dass auf einem Schlage das Ostvolk samt Inventar nach
kapitalistischen Verwertungsmaßstäben für unrentabel erklärt
wurden, deswegen ein Betrieb nach dem anderen dicht gemacht
wurde, die Leute massenhaft in die Erwerbslosigkeit geschickt
wurden u./o. gen Westen ‚auswanderten‘, um dort ihr
zweifelhaftes ‚Glück‘ als Lohnarbeiter zu versuchen. Mit
der Inkraftsetzung der privateigentümerlichen
Ordnung hat entgegen den Behaup-
tungen der Herrmann beim Abwickeln des betrieblichen Bestandes
der Ex-DDR mit den bekannten verheerenden Resultaten die vom
Weststaat beauftragte zuständige behördliche Instanz "Treuhand"
die entscheidende Rolle eben bei der Durchsetzung dessen
gespielt, dass sich gnadenlos abgewrackt gehöre, was nicht
kapitalistischen Standards gehorcht.
U. Herrmann beklagt einerseits die Tristesse im Osten, andererseits lobt sie im Widerspruch dazu, wie sich die Mrd. Ausgaben bezahlt gemacht hätten durch entsprechendes Wirtschaftswachstum, wo schon wieder runterfällt die Benennung der darin liegenden politökonomischen Härten, wie nämlich die Westkapitale das Territorium dort als verlängerte Werkbank ihrer Profitmacherei hergerichtet haben statt „blühende Landschaften“, wo so oder so die materielle Lage der abhängig Beschäftigten nichts als für diese ärmliches Abfallprodukt kapitalistischer Geldheckerei ist – Und mit dem Lob der „Angleichung der Lebensverhältnisse“ wird genausowenig die Sauerei kenntlich gemacht, wie die Ost-Leute mit der ‚Transformation‘ von Angehörigen eines Arbeiter- und Bauernstaates mit dessen Grundversorgung derselben und Arbeitsplatzsicherheit zu vogelfreien Proletariern dem kapitalistischen deutschen Gesamtstaat und seiner Unternehmerschaft zu Diensten zu sein hatten, bevor für sie überhaupt materiell was abfallen würde.